Aus der Oberurseler Woche 12. 09. 2013 Anlass: Konzert beim „Mühlenjazz“ 8.9. 2013 in Oberursel:
Über Corinna Danzer & Friends
Immer den geschulten Jazz-Ohren nach, ging
es zur Kürtellsmühle auf dem heutigen Ge-
lände der Firma Adam Koch, die zwar ohne
Mühlrad, aber mit informativer Ausstellung
im ehemaligen Mühlenhaus, dazu mit Weiß-
wurst und erfrischenden Getränken die Besu-
cher empfing. Gefeierte Stargäste waren hier
Corinna Danzer & Friends. Gemeinsam mit
den Brüdern Peer (Piano) und Timo (Schlag-
zeug) Neumann, komplettiert durch Ralf Cetto
am Bass, entzündete die in der Jazz-Szene
weithin bekannt Saxophonistin ein Feuerwerk
aus einem genial und mit sichtlich viel Spiel-
freude improvisierten Cocktail „from Swing
to Modern“.
TZ 10.09. 2013 (zum selben Konzert)
Nebenan, in Kürtellsmühle, war Corinna Danzer mit ihren Friends am Werk. Und wie! Und was sie da trieben, die Brüder Neumann am Piano und Schlagzeug mit Ralf Cetto am Bass und der Chefin am Saxofon, war einfach umwerfend, erfindungsreich und überraschend. Die vier improvisierten ihren Auftritt tatsächlich, eine Art Jam Session, aus den ungünstigen Probemöglichkeiten geboren, aber in ursprünglichster Jazz-Tradition. „Modern Mainstream oder aufgebrochene Jazz-Standards“, so nennt die bescheiden auftretende, aber außerordentlich expressiv spielende Corinna Danzer ihren Jazz. Irgendwie schräg, aber gerade deswegen sprang der Funke über.
Daß die junge Saxophonistin Corinna Danzer, die seit einigen Jahren in Frankfurt lebt, neben den vielen amerikanischen Jazzgrößen ehrenvoll bestehen konnte, sagt auch etwas über die Emanzipation des europäischen Jazz aus. Der Ton ihres Instruments, die überlegene Phrasierung und die kraftvolle rhythmische Attacke waren ebenso staunenswert wie das spannungsvolle Zusammenspiel mit solch erfahrenen Musikern wie dem Schlagzeuger Thomas Cremer und dem Pianisten Marcus Becker.
Wolfgang Sandner, Frankfurter Allgemeine Zeitung
zum Auftritt Corinna Danzers auf dem 24. Deutschen Jazzfestival 1995
Sie spielt Samt-Sax. Keine Bewegung, kaum eine Regung, nur diese sanftklingenden Melodiebögen aus dem Sopran… die Stimmung ist, daß man den Atem anhalten möchte. (…) Ihr Quartett klingt wie die Multiplikation ihrer persönlichen Auffassung von Musik: zart und transparent, eher melancholisch denn extrovertiert. So mag ein Miles Davis ohne Exzentrik klingen, oder ein Chet Baker, wenn er den Anschluß an die Moderne gefunden hätte.
Marcel Keiffenheim, Frankfurter Rundschau
anläßlich der Verleihung des Jazz-Arbeitsstipendiums der Stadt Frankfurt/Main 1991
Ihr weicher wärmender Ton schwingt sich in weiten Linien durch eine Sam-Rivers-Komposition, verhärtet sich in Hardbop-Erinnerungen und wird in anschwellenden Balladen immer wieder zum intimen Bekenntnis. Oft durchbrechen stakkatierte Kürzel den besänftigenden Fluß. Dann kann sie vor allem in den hohen Registern ihre Phrasierung aggressiv ansehärten, die gelassene Geschichtssättigung ihres Spiels aufsprengen.
Peter Kemper, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Ob Corinna Danzer in der Auseinandersetzung mit verschiedenen Bop-Standards nach einer neuen Perspektive auf das etablierte und historische Material sucht oder in eigenem kompositorischen Schaffen das Gerüst der Akkord-Changes und durchgehenden Swing-Rhythmen weit hinter sich läßt – jederzeit wirkt ihr Stil souverän und versiert. Anstelle nervös gespannter Hochgeschwindigkeits-Artistik wiegt und mißt die Saxophonistin fein abgestimmte Dosierungen verschiedener Tonmengen und Klangmischungen, die sie wirkungsvoll zusammenstellt, ohne je in Verdacht zu geraten, nur normal Abgepacktes anzubieten.
Oliver Günther, Frankfurter Rundschau
Meine CD des Monats ist ein Album, dessen Aufnahmen bereits knapp vier Jahre alt sind,aber immer noch lecker riechen und mehr als überzeugend klingen: Hinter dem originellenNamen CORINNA DANZER/MARTIN LEJEUNE QUARTETT – in Jazz-Bands werden oft sogar Personalakten geführt – verbirgt sich eine Formation, die eindeutig mehr ist als die befürchtete Doppelspitze plus Rhythmussklaven. Corinna Danzer (ts/as), Martin Lejeune (g), Michael Höfler (b) und Simon Zimbardo (dr) spielen erstens zusammen, zweitens miteinander, drittens swingenden modernen Jazz, außerdem Eigenkompositionen, die man weder als „europäisch“ noch als typisch „zeitgenössisch amerikanisch“ einordnen kann – und das klingt doch gut! Was diese Musik durchgehend auszeichnet, ist eine spielerische Originalität & Intensität die verblüfft: Klischees werden entweder mit einem Grinsen ausgespielt oder vor allem von der immer mal wieder in verzerrte Sounds & Effekte ausbrechenden Gitarre verhindert, die im nächsten Moment dann aber auch wieder mit bravem Handschuhton für etwas Wärme im Gehörgang sorgt. Natürlich hat auch Martin Lejeune John Scofield & Mick Goodrick gefrühstückt – und es hat wohl geschmeckt – aber er scheint in der Vergangenheit vor allem Wert auf abwechslungsreiche Ernährung gelegt zu haben. Das zeigt sich nicht nur in seinen Kompositionen, sondern auch in den variablen Sounds, die das komplette Spektrum der Gitarre widerspiegeln: Mal dominiert der offene akustische Klanganteil, mal verkleidet er seine Guild- Archtop als Rock-Säge, und dazwischen gibt‘s ja auch noch eine Menge Leben. Die witzigen Song-Titel haben Qualität (,12-Döner‘, ,Ausgenorbert‘), der Humor der Musik ist hintergründig bis ausgelassen (ohne helgisch zu enden), die Sprache ist gebildet aber dabei unakademisch relaxt & locker: Zwölfton-Bastelei hier, Bluesvermonkrocktda, dann ,Miles Mode‘-Licks und ,Giant Steps‘-Changes ausgeliehen & umlackiert – und trotzdem ist dadurchgehend eine verdammt starke Ausstrahlung. JAZZMÄDCHENREPORT heißt dieses gelungene Album. FSK: ab 18.
Lothar Trampert, Gitarre+Bass Magazin, Ausgabe 3/02